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triaMED - Das elektronische Patientendossier (DoXMedical 3/2010)
Das elektronische Patientendossier
Mit der nationalen e-Health Strategie soll das elektronische Patientendossier flächendeckend in der Schweiz eingeführt werden. Bis Ende 2015 soll jeder Schweizer Bürger seinem Arzt den elektronischen Zugang auf behandlungsrelevante medizinische Informationen ermöglichen können. Die Notwendigkeit zur Umstellung der Arztpraxen und Gruppenpraxen auf die elektronische Krankengeschichte ist absehbar. Die Versorgungsqualität des Patienten wird dadurch nachhaltig gesichert.
Das Gesundheitswesen der Schweiz befindet sich in einem konstanten Wandel. Gruppenpraxen, Ärztenetzwerke und integrierte Versorgungssysteme sind die Antwort auf den steigenden Kostendruck, die zunehmende Spezialisierung und die immer grösser werdenden Informationsmengen, welche in der Arztpraxis verarbeitet werden müssen. Gleichzeitig schreitet die Digitalisierung der Medizintechnik voran. Die Patientendaten werden heute immer mehr für Forschung, Fortbildung, Kostenüberwachung, Qualitätssicherung und Auswertung der Resultate in der medizinischen Behandlung beigezogen.
Unter dem steigenden Kostendruck muss die Effizienz gesteigert werden, ohne dass die Qualität sinkt. Effizienzsteigerung bei gleicher oder besserer Qualität lässt sich mittels Informatik erzielen. Die betreuungsrelevanten medizinischen Daten müssen in elektronischer Form verfügbar sein und betriebsübergreifend entlang dem Behandlungspfad des Patienten zwischen den verschiedenen Leistungserbringern ausgetauscht werden können.
Am 27. Juni 2007 hat der Bundesrat die Strategie e-Health Schweiz gut geheissen. eHealth soll der Bevölkerung den Zugang zu einem effizienten, sicheren sowie kostengünstigen Gesundheitswesen gewährleisten. Die Umsetzung der e-Health Strategie erfolgt durch das Koordinationsorgan von Bund und Kantonen. Erste Modellversuche haben in den Kantonen St. Gallen, Genf, Basel-Stadt, Waadt, Luzern und Tessin begonnen [1].
Aktuelle Situation bei den Arztpraxen
Zwingende Voraussetzung für eHealth-Prozesse im Gesundheitswesen ist die digitale Dokumentation in der Arztpraxis. Eine Befragung durch das Institut für Hausarztmedizin des USZ zeigt, dass erst 12% der Ärzte ein elektronisches Patientendossier führen und von den übrigen 88% zwei Drittel der befragten Ärzte einen Wechsel von der papierbasierten Krankengeschichte zur elektronischen Dokumentation zurzeit nicht in Betracht ziehen [2]. Die Hauptprobleme sind Kostendruck und Unsicherheit bei Investitionen in zukünftige Infrastruktur wie zum Beispiel Point-of-Care-Labor, die fehlenden Standardisierung der klinischen Daten bei den heutigen Praxisinformationssystemen, die hohen Kosten zur Einführung eines Praxisinformationssystem und der hohe Zeitaufwand zur Digitalisierung der vorhandenen Papierdossier. Im Gegensatz zum zurückhaltenden Einsatz der elektronischen Krankengeschichte wird das Internet in der Arztpraxis häufig für die Unterstützung im klinischen Entscheidungsprozess eingesetzt wie zum Beispiel Informationen über Medikamente, Guidelines und Evidence-based Medicine [3].
Grenzen der handschriftlichen Dokumentation
Die handschriftlichen Einträge in die Papier-Krankengeschichte durch den Arzt ist unbestritten die schnellste Methode zur Dokumentation der Patientenbetreuung. Sobald sich mehrere Ärzte zu einer Gruppenpraxis zusammenschliessen und eine gemeinsame Krankengeschichte führen wollen, stösst die handschriftliche Dokumentation an Grenzen. Entsprechend vielseitig sind die Beweggründe, die von Ärzten zur Umstellung auf die elektronische Krankengeschichte angegeben werden: Immer dickere Papier-KG, schlechte Lesbarkeit der Krankengeschichte, abnehmende Übersichtlichkeit mit wachsendem Umfang der Papierakten, steigende Patientenzahlen mit der Notwendigkeit von neuen - teuren Archiv-Schränken, keine gleichzeitige Verfügbarkeit der Krankengeschichte an mehreren Orten, geringere Attraktivität der Praxis bei der Nachfolgersuche, mangelnde Qualität im Praxisablauf - um einige zu nennen. Gerade beim Zusammenschluss von bestehenden Einzelpraxen zu Gruppenpraxen oder medizinischen Zentren stellt sich heute die Notwendigkeit der Einführung der elektronischen Krankengeschichte nicht mehr, dies ist heute die Regel. Sobald der Patient von mehreren Institutionen und Leistungserbringern im Gesundheitswesen betreut wird, steht der elektronische Datenaustausch und Zugriff auf ein gemeinsames Patientendossier im Vordergrund.
Nutzen der elektronischen Krankengeschichte
Der Nutzen der elektronischen Krankengeschichte ist evident. Wissenschaftliche Untersuchungen in anderen Ländern haben gezeigt, dass die Versorgungsqualität proportional zur Dichte der eingesetzten elektronischen Krankengeschichte steigt bei gleichbleibenden Gesundheitskosten [4]. Die Erfahrungen von Ärzten, die den Schritt zur elektronischen Krankengeschichte hinter sich haben, sind einhellig: „Nie mehr zurück zum Papier“ [5]. Dabei geben diese Ärzte verschiedenste Gründe an:
- Bessere Lesbarkeit der Krankengeschichte:
Die elektronische Krankengeschichte erleichtert durch die Lesbarkeit für Alle den Eintritt eines Praxispartners, die Einstellung eines Praxisvertreters und ist die Grundvoraussetzung für die Bildung einer Gruppenpraxis oder eines medizinischen Zentrums. Oder aus Sicht der MPA und Apothekers: „Die schlecht erkennbare Schrift des Arztes muss nicht mehr mühsam entschlüsselt werden“.
- Hohe Verfügbarkeit:
Das elektronische Patientendossier ist kein Unikat mehr und ist gleichzeitig in allen Sprechzimmer und Räumen der Arztpraxis verfügbar. Zudem kann der Arzt von zuhause oder unterwegs bei Hausbesuchen auf die Krankengeschichte von Patienten zugreifen ohne das Papier mitnehmen zu müssen.
- Erhöhte Datensicherheit:
Die Patientendossiers werden auf verschiedenen Speichermedien mehrfach gespeichert und ausserhalb der Arztpraxis aufbewahrt. „Die ganze Praxis hat auf einer DVD Platz“.
- Hohe Ordnung und Übersicht:
Der Informationsgehalt der elektronischen Krankengeschichte ist qualitativ und quantitativ deutlich besser. Als Arzt hat man den raschen Überblick über die behandlungsrelevanten Daten und Verläufe der Patienten. Auch in Gruppenpraxen mit verschiedenen Fachrichtungen wird automatisch eine ‚Lifetime KG‘ mit den behandlungsrelevanten Daten erstellt. Dadurch wird die Patientenführung erleichtert, man kann viel rascher auf Informationen zugreifen und alle Unterlagen sind innert Sekunden einsehbar.
- Rascher Überblick beim Laborblatt:
Bei der elektronischen Krankengeschichte sind sowohl die internen als auch externen Laborresultate auf einem Laborblatt zusammengestellt. Die Verläufe können in kumulativer Ansicht tabellarisch dargestellt werden. Die aktuellsten Werte sind sofort einsehbar, auch ohne Nachfrage bei der MPA.
- Zeitgewinn:
Unnötige Routinearbeiten fallen weg, zum Beispiel müssen die Papierdossiers nicht mehr herausgesucht und versorgt werden. Dies bringt eine Entlastung der MPA, vor allem beim plötzlichen Dossier-Suchauftrag im hektischen Praxisalltag. Nichtärztliche Mitarbeiterinnen bekommen eine erweiterte Mitwirkung in der KG-Führung. Arzt und Personal haben mehr Zeit für Gespräche mit den Patienten.
- Wiederverwendbarkeit der gespeicherten Informationen:
Jeder Eintrag erfolgt einmal in die Krankengeschichte und kann für alle Folgearbeiten immer wieder verwendet werden. Die Berichterstellung kann in hoher Qualität automatisiert werden und mit wenig Aufwand lassen sich übersichtliche und vollständige Berichte direkt aus der Krankengeschichten erstellen.
- Qualitativ hochstehender Medikationsprozess:
Pro Patient wird ein Therapieplan mit der aktuellen medikamentösen Therapie geführt. Aus dem Therapieplan kann man mit einigen Mausklicks direkt ein Rezept drucken oder elektronisch verschicken. Für den Patienten wird eine Dosierungskarte gedruckt. Für selbst abgegebene Medikamente wird die Posologie-Etikette mit Preisanschrift ausgedruckt. Alle je vom Patienten eingenommenen Medikamente und Dosierungen pro Medikament sind auf einen Blick ersichtlich. Der Arzt kann Rezepte und Berichte selber ausdrucken und modifizieren. So gibt es weniger Rückfragen, zum Beispiel von Apothekern, die das Rezept nicht lesen können.
- Erhöhte Patientensicherheit:
In einer Expertenbefragung zum Thema Patientensicherheit werden als nützlichste Massnahmen zur Verbesserung der Patientensicherheit die Verbesserung des Medikamentenmanagements mittels CPOE (Computerized Physician Order Entry) und Einführung eines CIRS (Clinical Incidence Reporting System) genannt [6]. In der elektronischen Krankengeschichte sind Interaktionscheck und Allergiecheck integriert und es erfolgen Warnmeldungen bei Medikamenten-Allergien, Medikamenten-Unverträglichkeiten oder Interaktionen.
- Bessere Compliance:
Die regelmässige Medikamenteneinnahme wird durch die individuelle Dosierungskarte und dem integrierten Reichweitencheck der abgegebenen Medikamentenpackungen verbessert.
- Verbesserter Prozessablauf und Qualitätsmanagement:
Durch die Aufzeichnung der vom Arzt erteilten internen Aufträge wird einerseits der Informationsgehalt dieser Aufträge verbessert und andererseits können die angeforderten Leistungen überwacht werden. Dadurch erfolgt eine kontinuierliche Prozessoptimierung und Verbesserung der Prozessqualität. Zum Beispiel können Laboraufträge auf dem elektronischen Auftragsblatt erfasst werden. Die Resultate werden elektronisch in die Krankengeschichte übermittelt und die internen Analysen automatisch verrechnet ohne Abtippen mit den möglichen Übertragungsfehlern. Der gesamte Arbeitsablauf wird vereinfacht und übersichtlicher.
- Bessere Erfüllung der Aufzeichnungspflicht:
Sowohl in juristischer als auch bezüglich Tarmed erfolgt eine umfassendere Aufzeichnung der erbrachten Leistungen. Beim Tarmed dürfen explizit nur Leistungen abgerechnet werden, die auch in der Krankengeschichte dokumentiert sind. Auswahllisten mit diagnostischen und therapeutischen Massnahmen sowie Textbausteine vereinfachen die Dokumentation der erbrachten Leistungen.
- Geringer Platzbedarf:
Übervolle Kartei-Schubladen durch immer mehr und immer dickere Papier-KG gehören der Vergangenheit an. Die elektronische Krankengeschichte eliminiert die Aktenschränke. Vor allem das digitale Archiv mit Ablage der eigener Korrespondenz und Ablage von auswärtigen Berichten fallen ins Gewicht. Alle abgelegten Dokumente können von jedem Arbeitsplatz direkt aus dem elektronischen Patientendossier aufgerufen werden und auch die vor Jahren abgelegte Korrepondenz kann rasch wiedergefunden werden.
- Entlastung MPA:
Die elektronische Krankengeschichte entlastet die MPA von Such- und Schreibfunktionen. In der Praxis hat sich gezeigt, dass trotz mehr Patientenkontakten kein zusätzliches Personal notwendig ist. Die eingesparte Arbeitszeit kann für zusätzliche verrechenbare Arbeiten oder für eine Reduktion der MPA-Gesamtarbeitszeit eingesetzt werden. Erfahrungen in Doppelpraxen zeigen, dass 50-100% Stellenprozente eingespart werden können.
- Automatisierte Abrechnung:
Selbstdispensierte Medikamente und medizintechnische Leistungen wie Laboranalysen werden automatisiert verrechnet. Dank integriertem Leistungsblatt in der Krankengeschichte können alle erbrachten Leistungen direkt für die Abrechnung erfasst werden.
- Attraktivität der Praxis steigt:
Die elektronische Krankengeschichte ist die Zukunft. Investitionen in die elektronische Krankengeschichte sind eine langfristige Investition in die Praxisattraktivität, bedeuten eine eine Wertsteigerung der Praxis und steigern die Attraktivität der Praxis bei der Suche von Nachfolgern oder Praxisvertreter.
- Teilnahme an Forschungsprojekten:
Die elektronische Krankengeschichte bildet die Grundlage für die Teilnahme an Forschungsprojekten. Aktuell sind zahlreiche Projekte in der Grundversorgung geplant oder im Gang. Diese Forschungsprojekte helfen den Hausärzten einerseits die Qualität der Grundversorgung zu erforschen, andererseits aber auch die Qualität der Grundversorgung zu dokumentieren und einen Leistungsausweis für die politische Diskussionen im Gesundheitswesen vorweisen zu können.
- Einfacherer Datenaustausch:
Die elektronische Krankengeschichte erleichtert den Datenaustausch mit Spezialisten, Zuweisern, Kliniken. Berichte können elektronisch ausgetauscht werden, Laborresultate können elektronisch in die Krankengeschichte übertragen werden, Rezepte können elektronisch verschickt werden.
- „Ich habe nie mehr eine KG gesucht!“
Die elektronische Krankengeschichte
Im Bereich der elektronischen Krankengeschichte wird seit Jahrzenten geforscht und entwickelt. Daraus können die aktuellen Grundanforderungen an eine moderne elektronische Krankengeschichte aufgelistet werden. Entsprechende Praxisinformtionssysteme sind auf dem Markt erhältlich:
- Gemeinsame Krankengeschichte pro Patient:
Für eine optimale Patientenbetreuung ist es sinnvoll, innerhalb einer Gruppenpraxis oder medizinischen Zentrums eine gemeinsame Krankengeschichte pro Patient zu führen. Unter e-Health wird zusätzlich noch ein betriebsübergreifendes elektronisches Patientendossier geführt, in dem die verschiedenen Leistungserbringer relevante Dokumente dem Patienten zur Verfügung stellen.
- Lifetime-KG, Notfalldatensatz:
Auf Knopfdruck kann eine Zusammenfassung der Krankengeschichte mit den betreuungsrelevanten klinischen Informationen erstellt werden. Man spricht von der sogenannten Lifetime-Krankengeschichte oder auch dem Notfall-Datensatz.
- Problemorientierte Krankengeschichte:
Die elektronische Krankengeschichte wird problemorientiert geführt mit einer hierarchischen Problemliste und den Verlaufseinträgen nach SOAP im Sinne Weeds.
- Beobachtung, Interpretation, Entscheidung:
Fakten und Interpretationen werden getrennt dokumentiert. Dies entspricht den Verlaufseinträgen mit der Aufteilung in Subjektiv, Objektiv, Beurteilung und Prozedere.
- Episode of Care:
Die problemorientierte Krankengeschichte stösst bei Langzeitpatienten an Grenzen. Deshalb sollen auch Episodes of Care abgebildet werden können. Eine Episode of Care ist die Verknüpfung der KG-Einträge zu einer spezifischen Diagnose für den Zeitraum vom ersten Kontakt bis zum letzten Kontakt zwischen Arzt und Patient. Mit der Episoden-orientierten Dokumentation können Kosten und Qualität von medizinischen Behandlungen verglichen werden.
- Strukturierte Krankengeschichte:
Die medizinischen Daten können entsprechend den gängigen klinische Informationseinheiten erfasst werden wie zum Beispiel Anamnese, Status, Familienanamnese, Persönliche Anamnese, Vitalzeichen, Risikofaktoren. Die strukturierte elektronische Krankengeschichte erlaubt die automatisierte Wiederverwendbarkeit dieser erfassten Daten zum Beispiel für die automatische Berichterstellung oder Forschungsarbeiten.
- Referenzierte Krankengeschichte:
In der strukturierten elektronischen Krankengeschichte können die Daten als Freitext oder mittels Formularen unter Verwendung von Referenzwörterbücher erfasst werden. Die referenziert erfassten Daten sind im Gegensatz zum Freitext durch den Computer lesbar und interpretierbar. Dies ist die Voraussetzung für die Integration verschiedener Qualtitätsprüfungen wie zum Beispiel automatischer Allergiecheck oder Interaktionscheck bei der Verordnung von Medikamenten.
- Zeitliche Organisation der Daten:
Jeder Eintrag in die elektronische Krankengeschichte wird mit drei Zeit-Datum Einträgen versehen: Erfassungsdatum, Ereignisdatum und Validierungsdatum.
- Quellenorientierung:
Bei jedem KG-Eintrag wird der ausführende Arzt und der verantwortliche Arzt zugeordnet und mitgespeichert. Diese Zuordnung der Daten zu einem Arzt ist wichtig, vor allem in Gruppenpraxen.
- Nachvollziehbarkeit Mutationen:
Die Krankengeschichte gilt bei gerichtlichen Auseinandersetzung als Beweismittel. Entsprechend müssen alle Veränderungen in der elektronischen Krankengeschichte lückenlos protokolliert werden.
- Interoperabilität, keine Medienbrüche:
Für den Datenaustausch und klinische Forschung ist die Interoperabilität wichtig. Einerseits können die Resultate der Medizintechnik direkt in die Krankengeschichte übernommen werden wie Laborresultate, EKG-Befunde, digitale Röntgenbilder. Andererseits können die Berichte elektronisch ausgetauscht werden, die dank der strukturierten und referenzierten erfassten Daten in maschinell lesbarer Form an andere Systeme übermittelt werden können. Die Standards und Architektur der nationalen e-Health Strategie der Schweiz müssen berücksichtigt und integriert sein.
- Identifikation, Authentifizierung, Autorisierung:
Patient und Arzt müssen für den Datenaustausch eindeutig identifiziert werden. Der behandelnde Arzt muss sich authentifizieren können. Dafür ist der Einsatz von Versichertenkarte und der HPC-Card vorgesehen. Der Patient muss den Arzt autorisieren können, Daten weitergeben zu dürfen.
- Datenschutz und Datensicherheit:
Gesundheitsdaten sind hochsensible Daten. Dem Datenschutz muss sowohl in technischen als auch organisatorisch Rechnung getragen werden. Passwortschutz und Verschlüsselung der Dokumente auf dem Speicherplatz sind notwendig.
- Verfügbarkeit:
Die gesamte Krankengeschichte ist elektronisch gespeichert. Falls das EDV-System ausfällt, hat man keinen Zugang zur elektronischen Krankengeschichte. Mit geeigneten technischen Massnahmen kann die Verfügbarkeit sehr hoch gehalten werden. Zum Beispiel kann man jeden Abend eine Kopie der gesamten Krankengeschichten aller Patienten auf das persönliche Notebook machen. Man hat damit eine zusätzliche Datensicherung und zwei bis drei Stunden Zugriff auf die KG bei Stromausfall oder Ausfall des EDV-Systems in der Praxis.
Krankengeschichte und Arbeitsablauf
Die Papier-Krankengeschichte im weitergefassten Sinn (Umschlag mit Inhalt) dient in der Praxis einerseits zur Ablage aller Dokumente und Eintragungen des Arztes, andererseits begleitet die Krankengeschichte den Patienten bei seinem Weg durch die verschiedenen Stellen innerhalb der Arztpraxis. Neben den eigentlichen Arzteinträgen und Verwendung als Dokumentenarchiv werden mit der Krankengeschichte Aufträge und Mitteilungen an andere Mitarbeiter innerhalb der Arztpraxis weitergeleitet oder können aus der Krankengeschichte entnommen werden. Zum Beispiel kann die Arztgehilfin anhand der verordneten Medikamente die notwendigen Medikamentenpackungen dem Patienten abgeben; der Arzt kennzeichnet auf dem Laborblatt in der Krankengeschichte die gewünschten Laboranalysen, die Arztgehilfin führt diese aus und schreibt die Resultate auf das Laborblatt, der Arzt wiederum sieht auf dem Laborblatt, welche Analysen gemacht wurden mit den entsprechenden Resultaten.
Mit der Einführung der elektronischen Krankengeschichte erfolgt deshalb nicht nur die Dokumentation elektronisch. Auch die Arbeitsabläufe innerhalb der Arztpraxis im Sinne des Workflow-Management werden computerisiert.
Die Arbeitsabläufe werden mit einem elektronischen Auftragsblatt gesteuert. Auf diesem Arbeitsblatt können alle Aufträge wie Laborauftrag, Röntgenauftrag erfasst werden. Jeder erledigte Auftrag wird zwingend dem Arzt zum 'Visiereren' zugestellt. Erst durch die explizite Freigabe der Resultate, gelten diese als definitiv. Mit dieser Validierung wird sichergestellt, dass die Resultate plausibilisiert werden. Kein Auftrag geht verloren, keine Resultate von Labor oder anderen Untersuchungen verschwinden in der Krankengeschichte ohne Kenntnisnahme durch den Arzt. Dieses Instrument erlaubt die Einführung des Prozess-Qualitätsmanagement.
Konkreter Arbeitsablauf in der Arztpraxis mit der elektronischen Krankengeschichte
Wie arbeitet nun eine Arztpraxis mit der elektronischen Krankengeschichte? Alles beginnt mit dem Anruf des Patienten in die Arztpraxis. Die Arztgehilfin erfasst den Termin in der elektronischen Agenda. Wenn der Patient in die Praxis kommt, werden die Personalien auf dem PC erfasst oder kontrolliert. Der Arzt öffnet mit einem Klick auf den Termin die elektronische Krankengeschichte des Patienten. In diesem Dossier sind alle Informationen des Patienten in Übersichten und Detailbildschirmen ersichtlich. Der Arzt befragt und untersucht den Patienten und dokumentiert die Befunde in der elektronischen Krankengeschichte. Die Anforderungen von diagnostischen Leistungen wie Labor, Röntgen oder EKG erfolgen auf einem elektronischen Auftragsblatt. Die Resultate dieser Untersuchungen werden dem Arzt elektronisch zurückgemeldet. Der Arzt stellt und dokumentiert die Diagnose und legt die notwendige medikamentöse Therapie fest. Mit einigen Mausklicks wird das Rezept erstellt. Wenn der Arzt das Patientendossier schliesst, erhält er automatisch einen Abrechnungsvorschlag. Mit einigen Klicks ist die Abrechnung erledigt. Bei Bedarf wird auf Knopfdruck ein Bericht erstellt, der alle erforderlichen Einträge aus dem Dossier enthält. Der Patient geht zurück zum Empfang und erhält von der Arztgehilfin einen neuen Termin. Die Terminkarte wird ausgedruckt und dem Patienten abgegeben.
Arzt und Computer
Die nationale e-Health Strateige legt nahe, dass die elektronische Krankengeschichte mit Speicherung aller behandlungsrelevanten klinischen Informationen breit eingeführt werden muss. Der Computer wird den Arzt nie ersetzen, er kann aber viel rascher auf alle Daten der Krankengeschichte zugreifen und geeignet darstellen. Die rasche Auswertung durch den Computer über die gesamten gespeicherten Informationen eines Patienten stellt eine Art weitere Zusatzuntersuchung dar, die den Stellenwert eines medizinisch-technischen Gerätes erreicht. Rationalisierung und Effizienzsteigerung in der ambulanten Arztpraxis sind mittels EDV möglich. Gerade unter dem Kostendruck darf aber die Qualität nicht leiden. Die Informationstechnologie stellt geeignete Instrumente zur Verfügung, die eine Qualitätssicherung und einen Qualitätsnachweis erst ermöglicht.
In diesem Sinne ist das Zitat von Dr. Devlies zu verstehen: „Der PC ist das Stethoskop des Arztes im 21. Jahrhundert“
Literaturverzeichnis
1 |
Bundesamt für Gesundheit BAG. Strategie «eHealth» Schweiz. Bern: BAG; 2007. www.news.admin.ch/message/?lang=de&msg-id=13349 |
2 |
Franz Marty, Marco Zoller, Heinz Bhend, Judith Wagner, Lorenzo Hess, Thomas Rosemann. eHealth - die Ausgangslage in den Ärzte-Praxen (Software). SISA-Studie der Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin, Institut für Hausarztmedizin USZ, Schweizerische Ärztegesellschaft FMH, Brunner & Hess Software AG Zürich. 2007 |
3 |
Hanselmann M. eHealth in der Praxis der Grundversorger. Swiss Medical Informatics 2010; 68:19-23 |
4 |
Folgt -> Versorgungsqualität steigt bei gleichbleibendem Preis Prof. Dr. med. Th. Rosemann |
5 |
Praxismanagement, Elektronische Krankenakte. Praxis-Depesche 2006; 09/10: 36-37 |
6 |
Rose N, Ortner M-AJ, Meyenberger C, Blum AL. Resultate einer Expertenbefragung. Die Patientensicherheit in der Schweiz. Schweiz Ärztetzeitung 2009; 90 (48): 1890-93 |
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Impressum
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Autor: Jean-Pierre Messerli, Produktmanager, HCI Solutions AG - Abteilung Triamun
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Dieser Artikel wurde in der Ausgabe 3/2010 von DoXMedical abgedruckt.
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Vision der eHealth Strategie Schweiz
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«Die Menschen in der Schweiz können im Gesundheitswesen den Fachleuten ihrer Wahl unabhängig von Ort und Zeit relevante Informationen über ihre Person zugänglich machen und Leistungen beziehen. Sie sind aktiv an den Entscheidungen in Bezug auf ihr Gesundheitsverhalten und ihre Gesundheitsprobleme beteiligt und stärken damit ihre Gesundheitskompetenz. Die Informations- und Kommunikationstechnologien werden so eingesetzt, dass die Vernetzung der Akteure im Gesundheitswesen sichergestellt ist und dass die Prozesse qualitativ besser, sicherer und effizienter sind.»
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Ziel Handlungsfeld «Elektronisches Patientendossier»
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«Bis Ende 2015 können alle Menschen in der Schweiz unabhängig von Ort und Zeit den Leistungserbringern ihrer Wahl den elektronischen Zugriff auf behandlungsrelevante Informationen ermöglichen («Elektronisches Patientendossier»).»
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